Glück im Schafspelz
Ein Herz für Tiere

Tiergeschichten


Suffi

Mohrenkopf heiße ich, mein Kosename ist Suffi, denn ich bin ein Suffolkschaf.

Als ich auf die Welt kam, habe ich mir schon bald eine Nabelentzündung zugezogen. Meine vierbeinige Mutter verlor schnell das Interesse an mir, da ich keine Milch von ihr nahm, nicht spielte und sonst auch nichts von ihr wollte. Ich hatte keine Lust zum Leben, ich hatte Bauchweh und konnte deswegen nicht laufen und spielen wie die Anderen. Da sah ich eine Ecke, wo ich ungestört war. Ich schleppte mich mit letzter Kraft in diese Ecke und legte mich total erschöpft hin. Über mir war ein undichter Wasserhahn, der tropfte und tropfte immer wieder, aber mir war alles egal.

Eines Tages kam eine zweibeinige Gestalt, sie nahm mich auf den Arm, streichelte mich und setzte sich mit mir in die Sonne. Oh, es tat mir so gut, und ich bekam neuen Lebensmut. Etwas später holte die Gestalt einem Behälter an dem eine Zitze war, aus der süße warme Milch kam, wenn ich saugte.

Es wurde langsam dunkel, und die zweibeinige Mutter nahm mich in den Arm und ging mit mir über eine große Wiese: meiner vierbeinigen Mutter war das gleichgültig. Nicht einmal ein Mäh hörte ich von ihr!

 

Wir kamen an einen großen Stall mit vielen anderen Vierbeinern, doch keiner war so schön wie ich. Meine zweibeinige Mutter machte mir ein weiches Bett aus Stroh, und wieder bekam ich Milch aus dem Plastikeuter mit Zitze. Ich zog so schnell an der Zitze, dass ich mich beinahe verschluckte.

Es vergingen einige Tage, aber ich konnte vor Schmerzen in meinem Bauch nicht laufen. Da trug mich meine zweibeinige Mutter zu einem Zauberer, man nennt ihn Veterinär bei den Zweibeinern. Der versetzte mich in einen tiefen Schlaf. Als ich wieder aufwachte, hatte ich kein Bauchweh mehr, und bald konnte ich wieder springen und hüpfen wie alle anderen Vierbeiner. Wenn ich jetzt meine zweibeinige Mutter mit dem Plastikeuter sah, rannte ich so schnell ich konnte zu ihr.

In dieser ganzen Zeit gab es einen Vierbeiner, der immer in meiner Nähe war und mich umsorgte. Sein Name ist Pummel. Doch diese Geschichte erzähle ich das nächste Mal.


Pummelchen - ein Todgeweihter findet sein Happy End

Ja, Pummelchen heißt mein Freund. Geboren wurde er in einer Brombeerhecke. Seine Mutter war sehr schwach und starb kurz nach seiner Geburt. Sie ließ Pummelchen allein auf einer Weide, wo es nur Gras gab ohne frische Kräuter und duftende Wiesenblumen.

Die Zweibeiner wollten das Gras nicht mähen, sondern mit Pummelchen einfach Geld und Zeit sparen. Pummelchen sollte schön dick und rund werden und dann in der Pfanne enden. Täglich brachte man ihm viele Brötchen, die Pummelchen vor lauter Trauer fraß, und so wurde er immer dicker und der Tag, der ihm zum Schicksal werden sollte, rückte immer näher.

Das erfuhr unsere Beschützerin und kaufte meinen Freund Pummelchen und brachte ihn in sein neues Heim mit Wiesen und frischen Kräutern, Äpfeln und vielem mehr.

So entkam Pummelchen einer Zweckwelt, deren höchste Werte Effizienz und Nutzen sind. Er konnte frei von Angst, Zwang und Druck wieder Lebensfreude empfinden, und als er mich sah, verliebten wir uns, und bis heute erleben wir jeden Tag glücklich miteinander.


Lolo

Heute erzähl ich euch die Geschichte von Lolo. Lolo ist ein kleiner Hammel, der auch ohne seine Mutter heranwachsen musste.

Lolo war erst einige Tage alt, als er mit seiner Mutter als lebender Rasenmäher vermietet wurde zu einer Familie, wo mehrere Schäfchen als Rasenmäher waren. Eines Morgens kam ein großer Hund über den Zaun gesprungen. Lolos Mutter stellte sich sofort schützend vor Lolo, sie stampfte mit den Füßen und stieß mit dem Kopf, um ihr Lämmchen zu verteidigen. Die anderen Schäfchen liefen schnell fort und versteckten sich vor dem Hund.

Doch der Hund griff Lolos Mutter immer wieder an, er biss sie in den Rücken und in den Bauch. Sie war schon sehr schwach und sagte zu Lolo: „Lauf schnell und versteck dich“. Das Lämmchen versteckte sich. Aber in seinem Versteck wurde Lolo sehr unruhig und entschloss sich, nach seiner Mutter zu sehen. Als Lolo bei seiner Mutter ankam, war sie schon ein Wolkenkind. Lolo kauerte sich in eine Ecke im Garten und trauerte sehr. Nach einiger Zeit überfiel ihn ein schreckliches Hungergefühl. Dann sah Lolo eine andere Mutter mit zwei Lämmchen. Er galoppierte hin und wollte etwas von der leckeren warmen Milch bei ihr saugen, aber sie brauchte alles für ihre Lämmchen und gab ihm nichts.

Als meine zweibeinige Mutter von dem Lämmchen Lolo erfuhr, holte sie es zu uns. Ab diesem Tag konnte Lolo sich wieder freuen, er hatte bei uns ein warmes Bettchen im Stroh und bekam mehrmals täglich Milch aus dem Plastikeuter. Er sprang und hüpfte mit uns herum. Und am Himmel schwebte ein Wolkenkind über Stall und Wiesen und freute sich, dass es Lolo so gut ging.


Cosmin der Ziegenbock

Es war an einem Sonntag im Winter, und es war sehr kalt. Meine Familie und ich waren mit allen Kindern eislaufen. Unsere Schlittschuhe flitzten gerade so über das Eis, es war ein lustiger Tag.

Abends auf der Heimfahrt klingelte mein Handy, und eine Männerstimme sagte zu mir: “Hier ist ein Zieglein auf die Welt gekommen, und die Mutter nimmt es nicht an, es wird erfrieren. Willst Du es holen und aufziehen?“ Sofort war ich einverstanden und sagte ihm, dass ich vorbeikommen würde. Gesagt getan, ich fuhr umgehend ins Feld, wo die Ziegenherde stand. Es war schon dunkel, aber ich fand das kleine Etwas zitternd im Schnee liegend, und als ich es in den Arm nahm, jammerte es und kuschelte sich an mich.

Mein erster Weg war zu einem Ziegenhof, wo ich um Biestmilch bat. Das ist die Milch, die kleine Ziegen in den ersten Stunden nach der Geburt von der Mutter saugen können. Diese Milch hat besonders viele Bestandteile,  z.B. Abwehrstoffe gegen Krankheiten, die das kleine Zieglein schützen und das Wachstum und die Entwicklung fördern. Diese Milch wird von einer Ziegenmutter nur wenige Stunden produziert und es ist sehr wichtig, dass das Zieglein genug von dieser Milch bekommt.

Der kleine Ziegenbock trank die warme süße Biestmilch sehr gut. Jeden Tag holte ich ihm Ziegenmilch, die er gern getrunken hat, und danach schlief er bis zur nächsten Mahlzeit. Der Kleine entwickelte sich zu einem wunderschönen Bock, den ich dann Cosmin taufte. Seine Kindheit verbrachte er bei mir im Haus in einem Wäschekörbchen.

Heute ist er ein starker und gesunder Ziegenbock, der sich mit zwei Mädchen einen Stall und eine Weide teilt. Er hört auf seinen Namen, wenn man ihn ruft, und mit Kraft und Energie springt er durch den Stall und über die Weide. Es ist ein Vergnügen, ihm zuzusehen und sich zu erinnern, wie er doch so hilflos und klein war.


Tina, eine nette Ziegendame

Tina kam auf einer großen Weide zur Welt und war ein wildes, neugieriges Lämmlein. Ihre Mutter musste ständig auf der Hut sein, denn Tina kam immer wieder auf neue verrückte Ideen.

Eines Tages hörte ich ein klägliches Meckern am Rand der Weide, wo sich ein großes Wasserloch für die Tiere befand. Die Mutter von Tina rannte sehr nervös vor diesem Wasserloch hin und her. Als ich mich dem Wasserloch näherte, sah ich die kleine Tina mitten in dem Wasserloch und das Wasser ging ihr bis zum Hals. Sie stand ohne sich zu bewegen ganz still und meckerte kläglich vor sich hin. Obwohl ich nicht unbedingt nass werden wollte, musste ich in dieses Loch steigen und die kleine Tina befreien aus dem Wasser. Als ich sie wieder aufs Trockene stellte, hüpfte sie schnell davon, und ihre Mutter hoppelte ihr zufrieden hinterher.

Es dauerte nicht lange und wieder hörte ich Tina meckern, diesmal war es eher ein Wimmern, und es kam aus der Richtung hinter dem Zaun, also außerhalb der Weide vom Nachbargrundstück.

Als ich an der Stelle ankam wo ich sie jammern hörte, fand ich Tina schwer verletzt, blutend angelehnt am Zaun. Nach ihren Verletzungen zu urteilen war Tina von einem Hund gebissen worden und zwar mehrmals in Bauch und Rücken. Ich fuhr mit ihr zum Arzt, der sie direkt behandelte.

Einige Wochen verbrachte Tina bei mir zuhause, da ich dort die Wunden besser versorgen konnte. Als ich Tina wieder auf die Weide brachte, war ihre Mutter übermütig vor Freude und hüpfte mit Tina kreuz und quer über die schöne große Wiese. Heute ist Tina selbst Mutter von einem verrückten Mädchen namens Petra.


Silver der Ziegenbock

Ich bin jetzt drei Monate alt, lebe seit kurzem wieder auf dem Hof und muss euch unbedingt meine Geschichte erzählen.

Ich wuchs mit zwei weiteren Geschwistern im Bauch meiner Mutter heran. Am Anfang war das ja noch ganz kuschelig, aber dann wurde es immer enger und enger. Mein dicker Bruder drückte mich und meine Schwester ganz schön zusammen. Der arme Kerl hatte dann bei der Geburt auch ziemlich Probleme, weil er mit dem Popo zuerst heraus wollte und nicht wie üblich mit dem Kopf. Zum Glück waren helfende Hände zur Stelle und zogen so lange an ihm, bis er es geschafft hatte. Er sicherte sich dann auch sofort eine der beiden Zitzen seiner Mutter (Ziegen haben leider nur zwei), meine Schwester nuckelte an der anderen. Ich war so schwach, dass ich nicht einmal aufstehen konnte und hätte es nie geschafft, an die warme Milchquelle zu gelangen und eines meiner Geschwisterchen wegzudrängen. Also rollte ich mich zusammen, schlief ein und wurde immer kälter – es war ja erst Anfang März.

Plötzlich wurde es über mir herrlich warm. Ich wachte auf und sah eine rote Wärmelampe über mir und Menschen in weißen Kitteln um mich herum. Sie redeten aufgeregt durcheinander, pieksten mich – sie nennen das spritzen – und langsam fühlte ich mich so gut, dass wir die Tierklinik wieder verlassen konnten. Ich kam in eine kleine warme Höhle, in der ich immer das Herz meiner Mutter schlagen hörte. Wenn ich meckerte, antwortete sie. Das war schön. Später erkannte ich dann, dass meine Höhle eine Transportbox mit Wärmflasche und Wecker war und dass die Antwort meiner Mutter von einem Menschen nachgemacht wurde. Danke für den so liebevollen Start ins Leben!

Leider nahm mich meine Mutter nicht mehr an, als ich kräftig genug gewesen wäre, um mich bei meinen Geschwistern durchzusetzen, und deshalb musste ich von Menschen mit der Flasche großgezogen werden. Und so kam ich, zehn Tage alt, zu meiner neuen ErsatzmaMA, für mich ist sie meine EMA.

Obwohl ich auf dem Hof wegen meines hellen Fells Silver getauft wurde, nannte mich meine EMA immer Möck-Möck, Möcki, und wenn sie sauer war einfach nur Möck. Zu meiner großen Freude gab es dort zwei Pudel als Spielkameraden, die sich liebevoll um mich kümmerten. Der jüngere der beiden, Mogli, und ich, wir wurden dickste Freunde. Wenn meine EMA nicht wusste, wo ich in dem großen Garten gerade steckte, brauchte sie nur Mogli zu rufen, und wir kamen zusammen angerannt. Für mich begann eine herrliche Zeit: Alle zwei Stunden warme Ziegenmilch aus der Flasche, spielen, klettern, Bocksprünge üben, neben Mogli gekuschelt auf der Gartenliege schlafen oder, wenn es kalt war, in der Küche neben der Heizung. Das einzige, was mich störte, war der fehlende Ziegengeruch. Ich versuchte das zu ändern, indem ich immer auf alle Decken und Polster pinkelte, aber meine EMA fand das gar nicht gut. Anfangs versuchte sie noch, die Gartenmöbel abzusperren. Offensichtlich kannte sie sich mit Ziegen nicht aus, denn im Nu war ich über alle Absperrungen geklettert, hatte wieder auf die Tischdecke gepinkelt oder einen Blumentopf vom Fenstersims gezogen. Irgendwann gab es dann keine Absperrung mehr, keine Polster, keine Tischdecken und keine Blumentöpfe. Ich konnte überall hoch und runter springen, wie ich wollte, aber jetzt war es nicht mehr so verlockend. Der Weg vom Garten in die Küche führte durchs Wohnzimmer. Manchmal gelang es mir, mit einem kühnen Satz das Blatt einer Blume aus der Vase auf dem Tisch zu ergattern und damit die Vase vom Tisch zu ziehen. Irgendwann standen dann nie mehr Blumen auf dem Tisch. Ich glaube, meine EMA hatte keine Vasen mehr.

Damit ich den Kontakt zu meinen Artgenossen nicht verliere, wurde ich fast täglich für einige Stunden auf den Hof gebracht und durfte mit meinen Geschwistern und anderen jungen Ziegen spielen. Jetzt lebe ich im Stall mit meiner Halbschwester und deren kleinem Sohn zusammen. Meine EMA besucht mich fast jeden Tag, und manchmal darf ich an der Leine mit ihr und den Pudeln spazieren gehen.


Weihnachten

Die Tiere diskutierten einmal über Weihnachten. Sie stritten, was wohl die Hauptsache an Weihnachten sei.
"Na klar, Gänsebraten", sagte der Fuchs, "was wäre Weihnachten ohne Gänsebraten?!"
"Schnee", sagte der Eisbär, "viel Schnee!" Und er schwärmte verzückt: "Weiße Weihnachten!"
Das Reh sagte: "Ich brauche aber einen Tannenbaum, sonst kann ich Weihnachten nicht feiern."
"Aber nicht so viele Kerzen", heulte die Eule, "schön schummrig und gemütlich muss es sein, Stimmung ist die Hauptsache."
"Aber meine neuen Kleider muss man sehen", sagte der Pfau, "wenn ich kein neues Kleid kriege, ist für mich kein Weihnachten!"
"Und Schmuck!", krächzte die Elster, "jedes Weihnachtsfest kriege ich was: Einen Ring, ein Armband, eine Brosche oder eine Kette, das ist für mich das Allerschönste an Weihnachten."
"Na, aber bitte den Stollen nicht vergessen", brummte der Bär, "das ist doch die Hauptsache. Wenn es den nicht gibt und all die süßen Sachen, verzichte ich auf Weihnachten."
"Machs wie ich", sagte der Dachs, "pennen, das ist das Wahre. Weihnachten heißt für mich: mal richtig pennen!"
"Und saufen", ergänzte der Ochse, "mal richtig einen saufen und dann pennen, pennen, pennen."
Aber dann schrie der Ochse: "Aua", denn der Esel hatte ihm einen gewaltigen Tritt versetzt: "Du Ochse, denkst Du denn nicht an das Kind?"
Da senkte der Ochse beschämt den Kopf und sagte: "Das Kind, ja das Kind, das ist doch die Hauptsache."
"Übrigens", fragte er dann den Esel: "Wissen das die Menschen eigentlich?"